Was ist das Mikrobiom oder Darmflora, wie es früher genannt wurde? Die Gesamtheit aller Mikroorganismen im Magen-Darm-Trakt eines Menschen wird als intestinales Mikrobiom bezeichnet. Es besteht aus ca. 100 Billionen Bakterien und Mikroben und wiegt ca. 1,5 Kilogramm. Es ist im Dünndarm zu Hause und kann das Immunsystem, den Stoffwechsel und das Hormonsystem beeinflussen. Und: Es besteht eine Wechselwirkung zwischen Gehirn und Verdauungstrakt. Wenn diese Bakteriengemeinschaft aus dem Gleichgewicht gerät, kann das unsere Gesundheit, unser Verhalten und unsere Stimmung beeinträchtigen.
Die Leistungen des genialen Multitaskers sind in der Tat beindruckend: bis zum 75. Lebensjahr werden etwa 30 Tonnen Nahrung und 50000 Liter Flüssigkeit durch den Körper geschleust. Der etwa 5 Meter lange Schlauch filtert innerhalb weniger Stunden aus den Nahrungsmitteln alle lebenswichtigen Bestandteile‚ Tausende von Kalorien, Vitamine, Mikronährstoffe und Wasser. Über hundert Millionen Nervenzellen durchziehen den Darm, das sind mehr als sich im gesamten Rückenmark befinden.
Verdauen ist nicht die einzige Disziplin, die er beherrscht. Zusammen mit seinem Mikrobiom spielt er die Hauptrolle in unserem Immunsystem und ist damit eine zentrale Schaltstelle für unsere Gesundheit. Zahlreiche Studien beweisen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen intestinalen Mikrobiom und vielen chronischen Erkrankungen wie entzündlichen Darmerkrankungen, Diabetes mellitus, Krebserkrankungen, aber auch Übergewicht gibt. Das Mikrobiom ist veränderbar. Diesen Umstand macht sich die Medizin seit einiger Zeit zunutze, indem Krankheiten über die Veränderung des intestinalen Mikrobioms behandelt werden.
Das Mikrobiom ist ein körpereigenes, von Mikroorganismen bewohntes Ökosystem und mit seinen 100 Billionen Bakterien und 150 verschiedenen Spezies von Mikroorganismen das am dichtesten besiedelte Ökosystem der Welt. Obwohl sich der Darm in unserem Körper befindet, stellt er doch die grösste Kontaktfläche mit der Aussenwelt dar, die Oberfläche beträgt etwa 400 qm, fast so gross wie ein Basketballfeld.
Das Mikrobiom eines jeden Menschen ist individuell und wird bestimmt durch genetische Faktoren, Geschlecht, Umweltfaktoren, Stress und Ernährungsgewohnheiten. Das Mikrobiom ist unser Schutzwall. Es schützt den Darm vor aggressiven Schadstoffen, es verhindert, dass sich krankheitserregende Mikroorganismen in der Darmschleimhaut einnisten und es versorgt die Immunzellen mit wichtigen Informationen. Darüber hinaus produziert es kurzzeitige Fettsäuren, spaltet Zucker und sind für die Synthese von Vitaminen, wie Vitamin K2 und essentiellen Aminosäuren (Baustoffe für Eiweisse) zuständig.
Dass die Psyche den Darm beeinflusst ist bekannt. Neu ist, dass dies auch andersherum funktioniert. Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse kommunizieren neben Nervenzellen und Hormonen auch Botenstoffe aus dem Darm mit dem Gehirn. Durch diese Kommunikation ist sie in der Lage, die Entwicklung und Funktion unseres Gehirns und sogar unser Verhalten zu beeinflussen. Es wurde nachgewiesen, dass Stressreaktionen zu einer Veränderung des Zusammenspiels von Darm, Gehirn und Mikrobiom führen. Andererseits kann das Mikrobiom, aber auch das gesamte Nervensystem des Körpers beeinflussen und mitentscheiden wie Stress verarbeitet wird und Freude oder Angst empfunden werden. 50% der Patienten mit Reizdarmsyndrom haben als Begleiterkrankung eine Depression oder Angstzustände. Dies zeigt sich auch in der Zusammensetzung der Darmbakterien, welche deutliche Unterschiede zwischen Patienten mit Depressionen und Gesunden aufweist.
Die Darmgesundheit kann schnell aus dem Gleichgewicht kommen, denn das beschriebene Ökosystem ist zwar stark in der Bewältigung seiner Aufgaben, aber ebenso empfindlich was Störungen anbetrifft. Chronischer Stress, ungesunde Ernährung, Medikamente wie Antibiotika können dem Mikrobiom schaden und so unser Immunsystem schwächen. Ist die Darmflora gestört, hat das in erster Linie Auswirkungen auf das Verdauungssystem und kann sich dort durch Beschwerden wie dem Blähbauch, Durchfall, Reizdarm, Verstopfung oder Bauchschmerzen äussern. Leaky-Gut-Syndrom, Allergien, ein Reizdarmsyndrom, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Entstehung von Allergien, chronische Darmkrankheiten, Übergewicht und Stoffwechselkrankheiten können die Folge sein. Momentan laufen viele Studien, die die Rolle des Darmmikrobioms bei chronischen Erkrankungen wie Autoimmun- und Herzkreislauferkrankungen untersuchen. Es zeigt sich schon jetzt, dass eine gezielte Ernährungsumstellung die natürliche Darmflora ins Gleichgewicht bringt und damit zur Heilung von Krankheiten beiträgt.
Mit den richtigen Bakterien im Darm ist es umgekehrt möglich, diese Leiden erfolgreich und nachhaltig zu behandeln. Mittlerweile werden gezielt probiotische und mikrobiotische Produkte eingesetzt, um die Balance gesunder Bakterien im Darm wiederherzustellen und damit die Anzahl pathogener Keime zu reduzieren. Bei den Probiotika handelt es sich sozusagen um erwünschte Bewohner unseres Darms. Diese Bakterien können dazu beitragen die Abwehrfunktion des Darms zu stärken und dadurch Krankheitserreger in Schach zu halten. Die Mikroorganismen kommen natürlicherweise in milchsaueren Produkten wie Joghurt, Kefir, Buttermilch, aber auch in Eingemachtem wie Sauerkraut oder eingelegte Gurken vor. Einer der erfolgreichsten Unterstützer einer gesunden Darmflora ist der sogenannte Lactobacillus. Er kann aus Kohlehydraten und Zucker Milchsäure bilden, diese setzt den pH-Wert des Dünndarms so weit herab, dass sich schädliche Bakterien und Pilze nicht mehr vermehren. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften wurde er von der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) 2018 zur „Mikrobe des Jahres“ gewählt. Am einfachsten nimmt man den Lactobacillus durch Joghurt zu sich. Präbiotika sind nicht verdaubare Lebensmittelbestandteile, die das Wachstum von günstigen Bakterienarten im Darm gezielt anregen und somit die Gesundheit fördern. Zu Ihnen gehören Pflanzeninhaltsstoffe wie Inulin und Oligofruktose. Präbiotika sind z.B. in ballaststoffreichen Nahrungsmitteln: Chicoree, Topinampur, Artischocken, Zwiebeln, Knoblauch, Spargel, Weizen, Reis, Hafer, Banane, Schwarzwurzel, Zichorienwurzeln, Artischocken. Mittlerweile stösst die Bedeutung eines gesunden Mikrobioms in immer mehr Bereichen auf grosses Interesse. Deswegen ist es kaum verwunderlich, dass immer mehr Produkte entwickelt werden, die dieses diffizile Ökosystem unterstützen und bewahren sollen. Zudem gibt es Porbiotika in Kapseln und Tropfenform, die als Arzneimittel verwendet werden und oft rezeptfrei erhältlich sind.